Der Glücksspielatlas Deutschland 2023 zeigt alarmierende Zahlen zu Glücksspielstörungen und wirft Fragen zu den zugrundeliegenden Erhebungsmethoden auf. Etwa 1,3 Millionen Menschen sollen demnach in Deutschland von einer Glücksspielstörung betroffen sein, basierend auf einer Studie der Universität Bremen. Diese Zahl wurde weitgehend in der öffentlichen Diskussion übernommen, doch es gibt berechtigte Zweifel an der Methodik der Erhebung und den darauf basierenden Ergebnissen.
Alarmierende Zahlen, aber fragwürdige Methodik
Laut dem Glücksspielatlas nehmen rund 30 % der Deutschen am Glücksspiel teil, und 2,3 % der Bevölkerung sollen eine Störung aufweisen. Diese Zahlen stammen aus einer Erhebung, an der 12.000 Personen teilgenommen haben. Besonders auffällig ist, dass vier von zehn Automatenspielern eine Glücksspielstörung aufzeigen. Doch die Genauigkeit dieser Zahlen ist aufgrund von methodischen Änderungen und einer hohen Nonresponse-Rate in der Umfrage fraglich. Die Studie wurde von der Universität Bremen durchgeführt, die seit 2019 anstelle der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) verantwortlich ist. Die Änderung der Erhebungsmethoden, einschließlich der Möglichkeit zur Teilnahme an einer Online-Umfrage, führte zu deutlichen Unterschieden in den Ergebnissen.
Die Auswirkungen methodischer Änderungen
Frühere Befragungen erfolgten ausschließlich telefonisch, was zu deutlich niedrigeren Zahlen von 0,4 % Glücksspielstörungen führte. Die neue Online-Umfrage der Universität Bremen erfasste hingegen 6,2 % der Teilnehmer mit problematischem Glücksspielverhalten. Diese methodischen Veränderungen werfen Fragen auf, wie zuverlässig die Ergebnisse tatsächlich sind. Ein weiteres Problem stellt die hohe Nonresponse-Rate von rund 80 % dar, was das Risiko von Verzerrungen und falschen Schlussfolgerungen erhöht. Diese Schwächen wurden jedoch in der öffentlichen Diskussion weitgehend übersehen.
Unstatistik des Monats: Eine berechtigte Kritik?
Trotz der fragwürdigen Erhebungsmethoden wurde der Glücksspielatlas 2023 in die Auswahl der „Unstatistik des Monats Oktober“ des Instituts für Wirtschaftsforschung aufgenommen. Die Ergebnisse werden in vielen Medien ohne ausreichende kritische Betrachtung der Methodik weitergegeben.
Auch wenn die Studie in Fachkreisen als methodisch „besonders gut“ bewertet wurde, bleibt die Frage, ob die dargestellten Zahlen tatsächlich die Realität widerspiegeln. Christina Rummel von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) betont, dass Diskussionen zum Thema Glücksspiel häufig an verzerrten oder unvollständigen Informationen leiden, was auch beim Glücksspielatlas Deutschland 2023 der Fall zu sein scheint.